29.10.2006 15:07:45, K. Hohensee |
Alle kennen Lýsa
Sie ist die Stute, die die Besucher auf der Equitana im Islanddorf begrüßte. Dort hing sie als Poster hundertfach unter der Hallendecke (das war ein furchtbarer Schreck, denn man hatte uns nicht ”vorgewarnt”). Die IPZV - Broschüre ziert Lýsa ebenfalls. Es ist die isabellfarbene Stute mit Stern und Schnippe. Sie ging also bereits durch viele Islandpferdeliebhaberhände.
Gott sei Dank aber nur im sprichwörtlichem Sinne ! Tatsächlich ist Lýsa (geboren 1980) im wahrsten Sinne des Wortes bildhübsch und lebt hier bei uns auf Gestüt Vierthohen. Sie wird in der Zucht eingesetzt, ist die Leitstute und ein ganz erstaunliches Tier (ein Isländer eben !).
Wir berichten über Lýsa, weil es sicher interessant ist, sie ein wenig zu kennen, so wie ihr Portrait.
1998 Jahren gebar Lýsa ein totes Fohlen. Wir nahmen sie aus der Herde heraus, da sie sonst ein anderes Fohlen gestohlen hätte (das tat sie vor Jahren schon einmal, als ihr eigenes Fohlen auf sich warten ließ). Wir stellten sie trocken, sehr trocken, denn ihre Milchleistung ist mit der einer Kuh vergleichbar. Nach 4 ½ Tagen! kam unangemeldet ein neugeborenes Fohlen nebst völlig verzweifelten und übermüdeten Besitzern auf unseren Hof. Der Salvana - Ammendienst vermittelte unsere Adresse ohne auf das Datum zu achten . Die Fohlenbesitzer verloren ihre Stute bei der Geburt, hatten bereits zwei in Frage kommende Ammenstuten aufgesucht und eine weite Reise hinter sich. Sie luden das Fohlen auf dem Hof ab und waren in ihrem Handeln nicht zu stoppen. Als wir eine seit Tagen trockengestellte und nicht gemolkene Stute , deren Euter wir gar nicht berühren mochten (Kontrolle ist ja unerläßlich wegen der Gefahr der Entzündung) nunmehr anmelken wollten, hielten uns die Fohlenbesitzer für völlig verrückt. Das erübrigte sich allerdings, denn Lýsa gebährdete sich, als hätte man ihr das Fohlen weggenommen und versuchte über die Boxenwand zu springen. Also: Box auf, Fohlen hinein, Tür zu. Nach wenigen Minuten genoß das Fohlen seine erste Milch und war sofort Lýsa`s Ein und Alles. Das Fohlen wuchs bis zum Absetzen in der Deckherde robust auf und Lýsa adoptierte zeitweise zum Entsetzen der Fohlenbesitzer ein weiteres Fohlen aus der Herde.
Die Milch reichte für beide. Das Fohlen ist übrigens eine prächtige und kernige Vollblutstute, ziemlich groß, die recht bald mit den Vorderbeinen einknicken mußte, um bei Lýsa trinken zu können.
In 2000 haben wir eine Stute bei der Geburt ihres Fohlens verloren. Jeder, dem dies einmal passiert ist, weiß was es heißt, ein Flaschenfohlen zu haben. Viele Leute hier haben sofort ihre Hilfe angeboten aber verständlicherweise suchten wir das zu vermeiden. Die Mädchen holten also Lýsa und ihr drei Wochen altes Fohlen. Als Lýsa das Waisenfohlen sah, blubberte sie freundlich und ließ es trinken. Sie war allerdings angehalftert. Eine Woche, in der das Waisenfohlen ärztlich behandelt werden mußte (keine Biestmilch - keine Abwehrstoffe) und das das regelmäßige Säugen überwacht werden mußte, brauchte Lýsa um sich an den Zustand der Zwillingsmutter zu gewöhnen. Zudem freute sich auch Lýsa`s Fohlen nicht darüber, daß sein zugelaufenes Schwesterchen die Milchquelle mit ihm teilen sollte. Inzwischen steht Lýsa mit ihren sehr unterschiedlichen Zwillingen wieder in der Stutenherde und wir freuen uns zu sehen, wenn beide gemeinsam ”die Milchbar erobern”.
Beinahe hätten wir vor Jahren den Fehler gemacht, Lýsa zu verkaufen, weil die Nachfrage nach älteren gerittenen Stuten groß war. Was uns da wohl geritten hat?
Quelle: www.vierthohen.de
|